Spotsprayer Ara von Ecorobotix: Gesichtserkennung für Pflanzen
Ara ist eine intelligente Pflanzenschutzspritze, bei der Einzelpflanzen im Fokus stehen. Kameras, Stroboskoplicht und künstliche Intelligenz sind die Basis dafür.
Wenn Sie Ihr Smartphone mit Hilfe der Frontkamera und Gesichtserkennung entsperren, funktioniert dies mit Hilfe von künstlicher Intelligenz. Algorithmen gleichen hinterlegte Fotos mit Momentaufnahmen ab. Einige Geräte arbeiten zusätzlich mit Infrarotsensoren, um weitere Sicherheitsparameter zu erfassen.
Ähnlich funktioniert die Spotspraying-Pflanzenschutzspritze Ara von Ecorobotix aus der Schweiz: Hierbei erfassen Kameras den Pflanzenbestand. Infrarotlinsen erkennen die Fahrgeschwindigkeit. Auf dieser Basis werten Prozessoren im Bruchteil einer Sekunde die erhobenen Daten aus und unterscheiden zwischen Kulturpflanze und Beikraut.
Je nach vorgewähltem Modus öffnen daraufhin nachgeschaltete Düsen, die entweder nur die Beikräuter oder die vorhandenen Kulturpflanzen punktuell mit flüssigem Dünger oder Pflanzenschutzmitteln benetzen. Je nach Anwendungszweck sind so Mitteleinsparungen zwischen 40 und 90 % möglich, so der Hersteller. Auch für die Ausbringung von Fungiziden oder Insektiziden auf die Nutzpflanzen bietet das System enormes Einsparpotenzial. Der Clou dabei: Die Maschine spritzt nur dort, wo auch Pflanzen gewachsen sind. Bei Fehlstellen schalten die Düsen aus.
Ein weiteres Einsatzgebiet von Ara ist die selektive Behandlung von Problempflanzen (z. B. mit Glyphosat). Durchwuchskartoffeln im Ackerbau oder Ampfer im Grünland sind nur zwei Anwendungsbeispiele.
Im Fronthubwerk sind ein 500 l großer Frischwasserbehälter, ein 200 l großer Tank für die Spritzbrühe und die Pumpentechnik angebaut. Da sich die Ausbringmengen im Vergleich zur Flächenbehandlung deutlich reduzieren, kommt man mit diesem Vorrat selbst bei 150 l/ha rund 4,5 ha ohne Nachtanken aus. Reduziert sich die Ausbringmenge auf 30 l/ha, kann man etwa 20 ha mit einer Tankfüllung behandeln.
Zurzeit arbeitet Ara mit einem konstanten Pumpendruck von 3 bar. Die Kolbenmembranpumpe mit einer Kapazität von 30 l/min wird elektrisch angetrieben.
Links sind die Armaturen samt Saugfilter und zwei Staufächern gut zugänglich untergebracht. Beim Befüllen nutzt man den klassischen Domdeckel, eine Einfüllschleuse gibt es nicht. Hilfreich zum Anmischen ist ein elektrischer Durchflussmengenmesser zwischen Frischwasser- und Spritzbrühetank. Da die Aufwandmengen im Vergleich zur Flächenbehandlung schwer kalkulierbar sind, empfiehlt Ecorobotix, zunächst mit einer Teilmenge zu starten, um anschließend über das Terminal den flächenspezifischen Bedarf abzuschätzen.
Kleiner Exkurs: Eine Geräteprüfung beim Julius-Kühn-Institut durchläuft Ara zur Zeit. Bis zum Ende des Jahres rechnet der Hersteller mit einer Anerkennung.
Aktuell gibt es Ara nur mit 6 m Arbeitsbreite und drei nahezu identischen Segmenten. Die Seitenausleger klappen bei Straßenfahrten vertikal nach oben, während das Mittelsegment hinter dem Schlepper verbleibt.
Die Stahlhauben schützen vor Einflüssen wie Schattenwurf, Sonnenlicht, Staub oder Wind. In der Tiefe werden die Segmente über Pendelstützräder geführt, die in einem Lochraster an die Kulturhöhe angepasst werden. Vor dem Einsatz muss man nach unten abdichtende Schürzen aus Planengewebe verstellen, was schnell erledigt ist.
Sehr schön: Die Pendelstützräder an den einzelnen Segmenten können an unterschiedliche Spurweiten angepasst werden.
Als Grundlage für die Bildanalyse sind je Spritzhaube zwei Kameraeinheiten installiert, jede überwacht einen Meter Arbeitsbreite. In jeder Einheit sind eine RGB-Kamera und ein Infrarotsensor integriert. Die Kamera erhebt bis zu fünf Bilder pro Sekunde. Damit die Fotos immer vergleichbar belichtet sind, gibt es ein stroboskopartiges Blitzlicht, das synchronisiert zu den Fotoaufnahmen an- und ausschaltet.
Die aufgenommenen Fotos werden anschließend innerhalb von einer fünftel Sekunde analysiert. Sobald die hinterlegten Algorithmen ein Zielobjekt erkennen, geben sie einen Schaltimpuls an den Düsenbalken weiter. Verarbeitet werden die Fotos in insgesamt sechs Prozessoreinheiten — jeweils einer pro Kameraeinheit.
Zur Verbesserung der Algorithmen überwachen Entwickler die Datensätze im Hintergrund. Hierfür laufen alle erhobenen Kamerabilder in einem Telemetriemodul zusammen. Darin ist unter anderem eine SIM-Karte integriert, die ein Datenvolumen von mindesten 40 GB vorhalten sollte. Sobald Mobilfunknetz (3, 4 oder 5G) besteht, sendet diese Einheit die Fotos in eine Cloud. Anschließend überwachen Mitarbeiter die Fotos stichprobenartig und justieren die selbstlernenden Algorithmen nach.
Die erhobenen Daten sind zudem in einer Webanwendung einsehbar, inklusive einer erstellten Ausbringkarte und den Auftragsdaten.
Für die Stromversorgung aller Komponenten nutzt Ara ein eigenes 24-V-Bordnetz. Versorgt wird dieses über eine Lichtmaschine, die per Zapfwelle mit 540 Umdrehungen angetrieben wird.
Mit Hilfe dieser Stromversorgung erzeugt Ara unter anderem ein drahtloses Netzwerk. Darüber kommuniziert die Maschine mit einem mitgelieferten Android-Tablet, das als Terminal dient.
Die Bedienoberfläche auf dem Tablet erreicht man über eine lokale Webansicht im Browser, wofür weder eine App noch eine Internetverbindung benötigt wird. Auch andere Tablets oder Smartphones sind kompatibel.
In der Bedienoberfläche sieht man als Fahrer gut visualisiert, in welchen Bereichen die Düsen angeschaltet sind und wie viel Menge sie zur Zeit applizieren. Insgesamt arbeitet Ara mit 156 Flachstrahldüsen, die im Abstand von 4 cm positioniert sind. Vor jeder Düse sitzt ein elektrisches geschaltetes Magnetventil, das innerhalb von Millisekunden öffnet oder schließt.
Damit die Düsen ihre Arbeit im Raster von 6 mal 6 cm verrichten, muss der Düsenbalken immer exakt 20 cm über der Zielkultur geführt werden. Einstellen lässt sich dies über einen elektrischen Linearmotor. Maximal darf die Hauptkultur eine Wuchshöhe von 40 cm erreicht haben, damit das System funktioniert.
Um Ablagerungen oder Entmischung der Spritzbrühe zu vermeiden, wird die Brühe permanent durch eine Ringleitung gepumpt.
Als Terminal kann jedes Smartphone oder Tablet genutzt werden.
(Bildquelle: Schulz)
Die Höhe des Düsenbalkens verstellt man elektrisch in Abhängigkeit zur Kulturhöhe.
(Bildquelle: Schulz)
Der Preis
Kosten wird Ara etwa 100 000 Euro (Listenpreise ohne MwSt.). Gegebenenfalls fallen zukünftig noch weitere Kosten für die kulturspezifischen Algorithmen und jährliche Servicegebühren an.
Im Vergleich zu alternativen Systemen (z. B. RumboJet 880 von Allgäu Automation zur selektiven Ampferbekämpfung oder die ebenfalls selektive Ampferspritze Rumex) sind diese Preise nicht unerheblich. Im Vergleich zu den anderen Systemen bietet Ara allerdings ein größeres Einsatzspektrum an.
Alles Weitere in Kürze
Section Control funktioniert noch nicht. Das An- und Abschalten erfolgt aktuell manuell oder über den Geräteaushub.
Fertige Algorithmen gibt es unter anderem für Zuckerrüben, Raps, Gemüse (Bohnen, Spinat, Salat, Zwiebeln) sowie für Ampfer und Disteln in Grünland. In Erprobung sind Mais, Soja und Tomaten.
Ara ist aus einem Roboter (Avo) entstanden. Daran forscht Ecorobotix parallel.
Dammkulturen sind in Erprobung.
Mit einem „all green“-Modus kann man z. B. Getreidestoppeln selektiv mit einem Totalherbizid behandeln.
Das System hilft, Pflanzenschutzmittelrückstände z. B. in Gemüse zu reduzieren.
Fahrgeschwindigkeiten bis 7,5 km/h sind möglich.
Anhand der Infrarotdaten erkennt das System Kurvenfahrten. Daraufhin werden diese verrechnet, um die notwendigen Düsen anzusteuern.
Eine Direkteinspeisung von verschiedenen Pflanzenschutzmitteln ist nicht möglich, wäre aber z. B. mit einem zweiten Düsenbalken denkbar.
Beim Kauf muss der Kunde eine Freigabe der Fotodaten unterschreiben.
Ein Handwaschbehälter wird folgen.
Vertrieben wird das Gerät in Deutschland z. B. über die Agravis.
Fazit
Ara von Ecorobotix ist eine Pflanzenschutzspritze, die in Kombination mit hochmoderner Kameratechnik selektiv arbeitet. Das Arbeitsbild hat uns überzeugt. Auch wenn die Arbeitsbreite und Fahrgeschwindigkeit zunächst begrenzt sind, beeindrucken die Bildanalyse, Reaktionszeit und Trefferquote.
Aus unserer Sicht ist Ara ein gutes Werkzeug, um dem politischen Druck nach einer Reduzierung von Pflanzenschutzmitteln nachzukommen.
Bei Mitteleinsparungen von 40 bis 90 Prozent kann sich das System trotz des hohen Anschaffungspreises auch wirtschaftlich schnell amortisieren — vor allem in Spezialkulturen. Dank verschiebbarer Stützräder ist das Gerät auch für Kulturen mit verschiedenen Spurweiten geeignet. Ein Vorteil: Die vorherige Säbreite ist für Ara nicht relevant. Aktuell steht noch die Anerkennung vom JKI aus die bis Jahresende erfolgen soll.