Hell, heller, am hellsten — viele Jahre gab es in Bezug auf die Arbeitsbeleuchtung von Landmaschinen einen regelrechten Überbietungswettbewerb. Doch wurden bislang immer nur Leuchten mit einem definierten, in sich begrenzten Leuchtfeld angeboten. Die Zeiten, in denen allein das letzte Lux zählt, sind aber wohl vorbei. Denn zum einen ist es wichtig, dass das Licht genau dort hinfällt, wohin auch der Blick des Fahrers gerichtet ist. Zum anderen können große Lichtmengen auch nachteilig sein. Vor allem, wenn es wie bei einer Lichtblendung das Sehverhalten beeinträchtigt.
Schuld für etwaige Behinderungen tragen nicht nur unachtsame Kollegen, die z. B. beim Abfahren von Mais das Abblenden vergessen. Es können auch Blendungen durch das eigene Fahrzeug sein, z. B. durch eine vom Kabinendach angeleuchtete Motorhaube; oder durch eine angebaute Maschine, in dessen Blech sich der helle Lichtspot der hinteren Scheinwerfer spiegelt.
Und, wer selbst schon mal im Schneetreiben unterwegs war: Auch Schnee, Staub, Nebel oder starker Regen sind mögliche Ursachen für die Blendung des Fahrers.
In der höchsten Ausbaustufe schalten Smart-Arbeitsleuchten einzelne LED kurz aus, so dass wie hier der Fahrer eines entgegenkommenden Fahrzeugs nicht geblendet wird.
(Bildquelle: Tovornik)
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Hella Smart Worklight System: Mehrere Lösungen im Köcher
Diese und weitere Nachteile konventioneller Arbeitsleuchten sind im Hause Hella schon länger ein Thema. Was uns verwundert, denn als namhafter Lieferant der Automobilindustrie hat der Hersteller viele Jahre schon mit digitalen, teils kamerabasierten Lichtlösungen Erfahrung. So bieten heute z. B. viele Neuwagen eine ausgereifte Technik, die bei Gegenverkehr automatisch das Fernlicht abblendet.
Doch die Anwendung für die Straße unterscheidet sich von der für das Feld deutlich, erklärt Hella im Gespräch mit profi. So müssen die an Schleppern aufgebauten Kamerasysteme erst lernen, wie der Umriss eines anderen Schleppers, Mähdreschers oder eines Häckslers aussieht — und zwar von hinten, vorne, von der Seite etc. Die dahinterstehende Programmierung ist dabei nach Erklärungen der Lichtexperten alles andere als trivial — und entsprechend teuer.
Doch: Muss es immer die höchste Ausbaustufe mit Kamera und Matrixabblendung sein? Diesen Gedanken hatte wohl auch Hella. Für Mitte des Jahres ist deshalb als eine Art Zwischenlösung ein 24-Volt-System geplant, das bei entsprechender Nachfrage vielleicht auch in einer 12-Volt-Version verfügbar sein wird. Um was es geht, dürfen wir Ihnen hier mit freundlicher Genehmigung von Hella Austria exklusiv vorstellen. Das Leistungspotenzial „intelligenter“ LED-Scheinwerfer stieß weltweit als erstes bei Minenbetreibern auf großes Interesse. Hella entwickelte daher die Produktreihe RokLume 280N Smart, die Mitte 2022 in Serie geht. Vergleichbare Technik in einer angepassten Version soll in absehbarer für Landmaschinen auf den Markt kommen.
Die Besonderheit des intelligenten Beleuchtungssystems: Durch die baugleichen Maße lassen sich alte Halogen- oder LED-Scheinwerfer im Handumdrehen durch die neuen ersetzen. Und durch die Verwendung des Gateways (Kasten „Serienmäßige Kabelverlegung reicht“) sind keine neuen Kabel zu verlegen.
Bei Neumaschinen mit CAN-Bus-Schnittstelle und entsprechender Softwareunterstützung lässt sich diese nutzen. Dann lassen sich die Smart-LED-Scheinwerfer sogar über das Bedienterminal des Schleppers ansteuern. Bei einer Nachrüstung älterer Maschinen liefert Hella das passende Bedienpult für die Kabine.
Die uns vorgestellten RokLume 280N Smart Scheinwerfer bieten zahlreiche Funktionen, die dem Fahrer das Arbeiten leichter machen. So lässt sich nicht nur die Helligkeit stufenlos dimmen, sondern auch die Lichtfarbe ändern. Und zwar nicht nur von Neutralweiß nach Warmweiß, sondern auch nach Grün oder Amber. Wie Erfahrungen aus dem Bereich des Bergbaus zeigen, bringt Amber bei staubigen Arbeiten oder bei Schneefall besonders große Vorteile. Während grün leuchtende LED-Scheinwerfer bei Nebel das Fahren erleichtern.
Smart Modular Worklights
Zur Agritechnica 2019 stellte Hella die Serie Smart Modular Worklights vor. Diese Leuchtenserie bietet unter anderem eine 360°-Rundumsicht. Jeder Scheinwerfer ist dafür mit vier LED bestückt — zwei für die Nahfeld-, zwei für die Fernausleuchtung. Bei einer Abdeckung von 30° je Leuchte genügen so bereits sechs Scheinwerfer, um zum Beispiel im Bereich des Fahrzeugshecks im Nah- und Fernbereich ein Leuchtfeld von 180° abdecken zu können.
Zugegeben, das klingt alles etwas theoretisch. In der Praxis macht die neue Technik aber richtig Spaß. So waren wir selbst sehr erstaunt, wie gut es sich mit einem lückenlos großen Leuchtfeld und ohne einen hellen Spot arbeiten lässt.
Geplant ist auch die Kombination von Smart-Scheinwerfern und Lichtsensoren in Kopfhöhe des Fahrers. Die Technik dimmt dann automatisch einen oder mehrere Scheinwerfer ab, sollten die Sensoren feststellen, dass der Fahrer vom eigenen Arbeitslicht geblendet wird.
In Bezug auf ein Dimmen oder Abblenden bei Gegenverkehr eine interessante Möglichkeit verheißt auch die sogenannte Flottenlösung. Ausgestattet mit Funksendern und -empfängern erkennen sich hier alle Fahrzeuge einer Häckslerkette gegenseitig. Mit dem Ergebnis, dass die Scheinwerfer immer sofort automatisch abblenden, sobald auf dem Feld ein Fahrzeug der eigenen Flotte entgegenkommt.
Der RokLume 280N Smart bietet verschiedenste Zusatzfunktionen. Neben einer Veränderung der Lichtfarbe von Neutralweiß nach Warmweiß sind in diesem Fall auch Amber und Grün möglich. Um Eigenblendungen zu reduzieren, gibt es auf Wunsch eine Dimmfunktion.
(Bildquelle: Tovornik)
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Sofern der CAN-Bus des Fahrzeugs nicht nutzbar ist, erfolgt das Dimmen oder Ändern der Lichtfarbe über das Hella Control Panel.
(Bildquelle: Tovornik)
Schlaues Licht ab Werk
Wie vielleicht schon bald bei Neumaschinen ein automatisches Abblenden aussehen könnte, zeigte uns Hella ebenfalls. Basis dieser Technik sind vier Kameras im Kabinendach: Taucht vor einer Kamera ein Fahrzeug, eine Person etc. auf, verarbeitet die Software diese Information. Nach Auswertung der Kameradaten gelangen diese dann über das Gateway und über die serienmäßig verlegten Kabel des Schleppers zu den Smart-
Modular-Worklights — und der passende Scheinwerfer wird gedimmt.
In Kombination mit Smart-Matrix-Scheinwerfern ist es sogar möglich, dass nur einzelne der vier LED einer Leuchte leuchten. Mit dem Ergebnis, dass nur das Segment ausgeblendet wird, in dem sich das entgegenkommende Fahrzeug befindet — eine wirklich clevere und faszinierende Lösung.
Die Variante mit Kamerasteuerung wird es zunächst aber nur für Neumaschinen geben. Aktuell interessieren sich schon vier Landmaschinenhersteller für das intelligente System. Aus verständlichen Gründen konnte uns Hella jedoch nicht mehr dazu verraten.
Vier am Kabinendach installierte Kameras nehmen Objekte/Hindernisse im Sichtfeld wahr. Ihre Informationen schicken die Kameras zum Gateway, welches die entsprechenden Signale an die Smart Matrix Modular-Worklights zum Ausblenden bestimmter Leuchtfelder verschickt.
(Bildquelle: Hella)
(Bildquelle: Tovornik)
Fazit
Bei der Entwicklung von LED-Scheinwerfern steht für die weniger anstrengende Nachtarbeit nicht mehr allein im Vordergrund, wie hell es rund um den Schlepper ist. Vielmehr rückt zunehmend der Komfort für den Fahrer in den Mittelpunkt.
Für eine gleichmäßigere Ausleuchtung und zugleich weniger Blendungen des Fahrers entwickelte Hella die Smart Worklight-Serie, die unter anderem eine 360°-Rundum-Ausleuchtung bietet. Durch die Möglichkeit der Verarbeitung verschiedenster Eingangssignale können Smart-Scheinwerfer jedoch weitaus mehr, so zum Beispiel auch automatisch abblenden. Hier gelingt der Einstieg am ehesten mit der sogenannten Flottenlösung, bei der Fahrzeuge eines Unternehmens sich gegenseitig erkennen und sich so die Fahrer bei der Feldarbeit nicht mehr gegenseitig behindern. Bei der höchsten Ausbaustufe mit Kameras im Kabinendach erfolgt das automatische Abblenden bei allen Fahrzeugen — unabhängig davon, ob sie zu einer Flotte zählen oder nicht.
Einen Vorgeschmack, was möglich sein wird, zeigt der RokLume 280N Smart. Bei Staub und Schnee erlaubt dieser Scheinwerfer nach Belieben eine Anpassung des Lichts.
Serienmäßige Kabelverlegung reicht
Um Herstellern die Erstausrüstung und Werkstätten die Nachrüstung smarter LED-Scheinwerfer zu erleichtern, entwickelte Hella das Smart Worklight System. Einfach erklärt, erlaubt es die Nutzung digital gesteuerter Scheinwerfer, ohne das serienmäßige Kabelsystem ändern zu müssen.
Selbst bei den höchsten Ausbaustufen genügt eine kleine Elektronikbox, von Hella „Gateway“ genannt. Die in einer schwarzen Box integrierte Technik wird in den Stromkreis der Scheinwerfer installiert. Ihre Funktion lässt sich am einfachsten mit dem dLAN, auch PowerLAN oder Powerline genannt, im Eigenheim vergleichen. Anstatt über eine Datenleitung werden hier die Signale über ein bereits bestehendes Stromkabel zu den Leuchten verschickt.
Während also im Eigenheim per dLAN über eine 230-Volt-Leitung Computerdaten ins Internet verschickt werden, übernimmt bei Hella das Gateway diese Funktion. Die Software in der kleinen schwarzen Box übersetzt und verarbeitet dabei die Eingangssignale, z. B. der bestehenden Fahrzeugsensorik oder die Signale einer Kamera und schickt die verarbeiteten Befehle über die serienmäßig verlegten Kabel im Schlepper zu den Smart-Leuchten von Hella. Je nach Modell können die Smart-Scheinwerfer dann die Lichtfarbe ändern, bei Eigenblendungen das Licht automatisch dimmen oder bei einem entgegenkommenden Fahrzeug von selbst abblenden.