Healix Clean Tech: Wickelnetz und Bindegarn recyceln
Ein niederländisches Start-up will zusammen mit dem israelischen Bindegarnhersteller Tama ein Recycling für Bindegarne und Wickelnetze einführen. Ein Blick hinter die Kulissen.
Der Niederländer Marcel Alberts hat das Startup-Unternehmen mit Namen Healix vor zwei Jahren in Maastricht gegründet. Im ersten Ansatz wollte Alberts sogenannte „Geisternetze“ — herrenlos in den Weltmeeren treibende Fischernetze — recyceln. Doch schon bald entstand auch der Kontakt zu Tama. Der Hersteller für Bindegarn und Rundballennetze war auf der Suche nach einer Lösung für das Recycling seiner Produkte. Außerdem wollte man das Recyclat auch bei der Produktion einsetzen.
Eine der großen Herausforderungen beim Recycling ist das Sammeln des Altmaterials. In Deutschland werden über das Rücknahmesystem „ERDE" (Erntekunststoffe Recycling Deutschland) zusammen mit dem Systempartner RIGK Netz, Garne und Folien gesammelt. RIGK betreibt auch das Rücknahmesystem Pamira.
In Frankreich heißt ein ähnliches System Adivalor. Und von dort kommen die ersten Lieferungen mit Bindegarn nach Maastricht, um bei Healix den Recyclingprozess weiterzuentwickeln. Dort wird das in Big Bags gesammelte oder in Ballen gepresste Material im ersten Schritt aufgelöst. Je nach Verunreinigung, z. B. mit Gras, Stroh, Erde oder Sand, folgt ein erster Vorreinigungs- und Sortierschritt.
Nur so können erhöhter Verschleiß oder gar Schäden z. B. durch Steine an den Messern des modifizierten Schredders aus der Textilindustrie verhindert werden. Ziel ist es zudem, die Menge an Verunreinigungen auf unter 5 % zu reduzieren, bevor das Kunststoffmaterial in die Waschphase gelangt. Dadurch verringert sich der Aufwand für die Wasseraufbereitung und Schlammentsorgung.
Zerkleinern, reinigen, waschen
Vor allem langfaseriges Material wie Bindegarn muss nach dem Vorsortieren und Vorreinigen zerkleinert werden, um später keine Probleme zu verursachen. Darüber hinaus sorgt die geringere Partikelgröße für ein besseres Verhältnis zwischen Oberfläche und Volumen. So ist es laut Healix leichter zu reinigen. Schließlich müssen auch Fremdstoffe, die an den Kunststoffpartikeln haften und in den Kunststoff-Filamenten eingeschlossen sind, sicher extrahiert werden können. Dazu wird die Produktstruktur unter anderem mit einem „Rotocleaner“ weiter zerstört. Das ist ein patentiertes System mit Rotor und Stator sowie einem stabilen Gehäuse aus Edelstahl. Anschließend folgt eine intensive Wäsche, um dann im Extruder möglichst reine Polymere erzeugen zu können.
Nach der ersten Zerkleinerung erfolgt zunächst eine Trockenreinigung.
(Bildquelle: Wilmer)
Das Altmaterial wird komplett aufgefasert, um Verunreinigungen zwischen den Kunststoff-Filamenten auswaschen zu können.
(Bildquelle: Wilmer)
Schmelzen, extrudieren…
Das Extrudieren beginnt mit der Zuführung der gereinigten und getrockneten Fasern aus einem Pufferlager in den großvolumigen Zylinder des Extruders. Dort wird das Material durch die Verdichtung der Extruderschnecken sowie der entlang des Zylinders angeordneten Heizung allmählich aufgeschmolzen.
Die Besonderheit des Erema-Extruders bei Healix ist die doppelte Filtration der Schmelze vor der anschließenden Entgasung. Hier werden unerwünschte Gase entfernt, die sich während des Schmelzvorgangs bilden.
...und granulieren
Für den optimalen Transport und die Verarbeitung des recycelten Materials werden laut Healix kleine Kunststoffgranulate gegenüber langen, halbkontinuierlichen Polymerextrusionen bevorzugt. Deshalb wird die extrudierte Polymerschmelze, die aus den Löchern der beheizten Granulierdüsen austritt, von rotierenden Messern abgeschnitten. Das Granulat wird durch die Zentrifugalkraft nach außen in einen rotierenden Wasserring geschleudert. Das Wasser kühlt das Granulat ab, und vom Granulat-Entwässerungssieb gelangen die Recyclat-Pellets in die Trockenzentrifuge, bevor sie in der Absackstation in Big Bags gefüllt werden.
Als Gradmesser für die Homogenität der langkettigen Moleküle dient der MFI (MeltFlowIndex). Das ist ein Maß für die Fließfähigkeit eines thermoplastischen Polymers. Je gleichmäßiger diese ist, desto besser ist die Qualität. Und erfahrungsgemäß sind sortenrein gesammelte Kunststoffe hier sehr viel besser als kommunal gesammelter Plastikabfall.
Im Extruder werden die gereinigten und getrockneten Fasern mit Schnecken verdichtet, aufgeschmolzen, doppelt gefiltert und entgast, bevor…
(Bildquelle: Wilmer)
…die extrudierte Polymerschmelze durch die Granulierdüsen gepresst und mit Wasser zum Erstarren gebracht wird. Die getrockneten Pellets werden in Big Bags abgefüllt.
(Bildquelle: Wilmer)
Geschlossener Kreislauf
Die Verwendung der Recyclinggranulate wird überall getestet. An erster Stelle steht hier der „Close-Loop“, also die direkte Wiederverwendung in der Garnherstellung. So besteht das TamaCycle-Garn schon jetzt zu 30% aus wiederverwertetem Bindegarn. Andererseits setzen aber auch Firmen für Kunststoffverpackungen die Granulate in ihrer Produktion ein. Wichtigstes Argument dabei: Laut Healix werden beim Recycling trotz des aufwändigen Reinigungsprozesses im Vergleich zu Neumaterial 75 % CO2 eingespart — und das bei vergleichbaren Eigenschaften.