Kennen Sie noch die Welger-Rundballenpresse RP 12 ?
Bei der Einführung der Rundballenpressen auf dem deutschen Markt vor rund fünfzig Jahren war Welger ganz vorn mit dabei. Eine der ersten Festkammerpressen des Unternehmens war die RP 12.
Amerikanische Hersteller wie Allis Chalmers und Vermeer dürfen für sich beanspruchen, bereits Ende der 1940er Jahre die ersten Rundballenpressen mit umlaufenden Riemen auf den Markt gebracht zu haben — Allis Chalmers mit variabler und Vermeer mit fester Presskammer.
Für die eher kleinstrukturierte Landwirtschaft in Europa waren große Rundballen seinerzeit noch keine praktikable Technik. Hierzulande kamen in den 50er Jahren sogar noch Niederdruckpressen zum Einsatz. Allerdings wurden sie bereits von fortschrittlicheren Hochdruckballenpressen abgelöst, die gut stapelbare Kleinballen herstellten.
Patent für Walzentechnik
Zu dieser Zeit hatte das Unternehmen Gebrüder Welger in Wolfenbüttel, nah bei Braunschweig, schon lange Erfahrungen mit der Pressentechnik. Da wundert es nicht, dass Welger sehr genau beobachtete, welche Entwicklung die Rundballentechnik nahm. Zweifellos verdiente Welger in der Sparte Pressentechnik sein Geld mit der Aufsammelpresse (AP) und war hier einer der führenden Hersteller in Deutschland. Aber das Unternehmen beschäftigte sich auch intensiv mit der Rundballentechnik. Nach dem Vorbild der Vermeer-Technologie entstand Ende der 1970er Jahre in Kooperation mit Fahr eine Festkammerpresse mit umlaufenden Riemen.
Welger setzte als Pressenspezialist auch auf eigene Entwicklungen. Ein entscheidender Durchbruch gelang mit der Walzentechnik für Festkammerpressen, für die Welger 1974 das Patent erhielt. Bei dieser Festkammerpresstechnik wird das Pressgut von außen nach innen von rotierenden Walzen statt von Riemen verdichtet. Man darf behaupten, dass diese Erfindung prägend war für das Renommee und die weitere Entwicklung der Pressentechnik von Welger in den folgenden Jahrzehnten.
Aufgrund des Patents konnte Welger Lizenzen für die Walzentechnik an andere Hersteller verkaufen, sodass die Lösung in der zweiten Hälfte der 1970er Jahre allmählich Verbreitung in der Praxis fand. Das erste Modell von Welger war die Festkammerpresse RP 12. Auf die reine Presstechnik bezogen, ist diese Presse sogar heute noch aktuell.
Allroundpresse für Heu und Stroh
RP steht naheliegend für „Rundballenpresse“, und 12 weist auf den Durchmesser der gepressten Ballen hin, also 120 cm. Bei einer Breite der Ballen von ebenfalls 120 cm beträgt das Volumen 1,35 m3. Mit diesen Ballenmaßen war die RP 12 zum Pressen von Stroh-, Heu- und Silageballen geeignet — also ein echter Allrounder. Freilich hatte die erste RP 12 noch kein Messerschneidwerk, was den Silageeinsatz einschränkte.
Überhaupt war die Grundausstattung aus heutiger Sicht eher mäßig. Die Rechbreite der Pickup betrug gerade einmal 1,15 m — etwas vergrößert durch Zuführbleche. Das war für voluminöse Stroh- und Heuschwaden recht knapp. Die Einfach-Garnbindung erfüllte nur Mindestanforderungen, und der Garnvorrat mit nur vier Rollen war gering. Erst mit der Version RP 12 S wurde der Garnvorrat auf sechzehn Rollen erhöht. Und als Sonderausstattung konnten an beiden Seiten der Pickup Sternräder montiert werden, was die Schwadaufnahme auch in Kurven erleichterte.
Entscheidend für die Funktion einer Rundballenpresse ist, dass sich das Pressgut in der Kammer kontinuierlich dreht und aufwickelt. Um das zu gewährleisten, haben die Welger-Konstrukteure einige Zeit experimentieren müssen.
Die ersten Walzenoberflächen hatten kein Profil, sondern waren mit einem griffigen Kunststoff beschichtet. Allerdings stellte sich heraus, dass sich die Beschichtung schnell abnutzte. Dadurch verschlechterte sich der Grip und damit das Rotieren des Pressguts in der Kammer. Manch ein Besitzer einer RP 12 hat sich damit helfen können, dass er auf einigen Walzen Flacheisen schweißte, um den Grip zu verbessern. Oder er tauschte die besonders beanspruchten Bodenwalzen gegen Walzen mit einem Rautenprofil aus, die Welger bald serienmäßig im Angebot hatte.
Die Ende der 1980er Jahre eingeführte RP 12 S wies gegenüber der ersten RP 12 deutliche Verbesserungen auf. Neben dem größeren Garnvorrat betraf das vor allem das größere Angebot an Sonderausstattungen. Dazu zählten eine automatische Garnbindung mit selbsttätiger Auslösung, eine elektrische Fernbedienung, Gelenkwelle mit Nockenschaltkupplung, Ballenauswerfer, Netzbindung, automatische Kettenschmierung und eine größere Bereifung.
In späteren Baujahren wurden Walzen mit profilierter Oberfläche verwendet.
(Bildquelle: Theißen)
Eine automatische Kettenschmierung zählte Ende der 1980er Jahren noch nicht zur Grundausstattung.
(Bildquelle: Theißen)
Mehrere Nachfolgemodelle
Anfang der 1990er Jahre war es an der Zeit, ein neues Modell auf den Markt zu bringen, um die gestiegenen Ansprüche, besonders von Lohnunternehmern, zu erfüllen. Die RP 15 mit einem Ballendurchmesser von 1,50 m und und einer Pickup mit 2 m Aufsammelbreite basierte technisch noch weitgehend auf der RP 12. Und auch die Anfang der 1990er Jahre vorgestellte RP 120 war nur eine leicht modernisierte Variante der RP 12.
Eine technisch fortschrittlichere Nachfolgerin präsentierte Welger 1992 mit der RP 200. Sie ist nicht einfach eine Weiterentwicklung der RP 12, sondern eine völlige Neukonstruktion. Der Durchmesser der Ballen wurde auf 1,25 m und die Ballenbreite auf 1,23 m erhöht. Damit beträgt das Volumen 1,50 m3. Und einige Funktionen und Ausstattungen, die bei der RP 12 S noch als Sonderausstattung angeboten wurden, gehörten nun zur Grundausstattung. Für eine höhere Leistungsfähigkeit besaß die RP 200 einen Rotationsförderer. Zudem konnte sie mit einem Messerschneidwerk ausgerüstet werden.
Gebrauchte Welger RP aus allen Baujahren werden heute reichlich angeboten, auch noch die RP 12. Und die Preise sind zum Teil noch stattlich. Für gut erhaltene Modelle sind ab ca. 4 000 Euro zu berappen. Auch Maschinen zum Ausschlachten werden noch für knapp unter 1 000 Euro angeboten.
…es heute immer noch eine Firma Welger gibt, die im Bereich Presstechnik aktiv ist? Das Unternehmen Welger Recycling Engineering mit Sitz in Braunschweig war einst ein Geschäftsbereich der Gebrüder Welger GmbH, ist aber schon seit vielen Jahren ein selbstständiges Unternehmen.