Der Li-Trac von Mali sollte 1997 die Nachfolge der Schlüter Super-Trac antreten. Nach nur fünf Prototypen endete das Projekt, die Erinnerung an zwei visionäre Traktorbauer lebt weiter.
Die Traktorenhersteller Dr. Anton Schlüter und Markus Liebherr mochten und schätzten sich. Viele Jahre standen sie in Verbindung, wenngleich sie nie gemeinsam auftraten. Beide stammten aus traditionsreichen Unternehmerfamilien und waren studierte Maschinenbauer, beide verband die Vision, starke Traktoren zu bauen. Schlüter (Jahrgang 1915) konnte nicht verhindern, dass sein Lebenswerk zu Ende ging. Liebherr (Jahrgang 1948) folgte 1994 seiner Leidenschaft, als Traktorenbauer zu starten.
Bereits 1992 und 1993 hatte Liebherr die Motoren für die Schlüter-Traktoren Super Trac 2200 TVL-LS mit 210 PS geliefert. Zwei davon wurden in Freising und drei weitere im Traktorenwerk Schönebeck (Elbe) gefertigt. Zu der Zeit versuchte Markus Liebherr, dieses Werk von der Treuhand zu übernehmen. Er verfügte dafür über das nötige Kapital, während Dr. Anton Schlüter seine technischen und unternehmerischen Erfahrungen hätte einbringen können.
Dr. Anton Schlüter gab Liebherr die Lizenz, den Bären im Mali-Emblem zu nutzen.
(Bildquelle: BBC News, Neunaber)
Markus Liebherr war die treibende Kraft bei der Entwicklung des Li-Trac.
(Bildquelle: BBC News, Neunaber)
Schlüters Ende in Schönebeck
Doch fanden weder Liebherr noch Schlüter eine Einigung mit den Treuhand-Verantwortlichen, und so lief die Produktion von Schlüter-Traktoren in Schönebeck 1995 aus. Als sich abzeichnete, dass er dort nicht Fuß fassen konnte, gründete Markus Liebherr 1994 seine Firma Mali Spezialfahrzeuge GmbH. Auf dem Gut Heinrichsburg in der Nähe von Eberhardszell (Oberschwaben) begannen er und ein Konstruktionsteam mit der Entwicklung des Li-Trac. Dieser sollte in die Fußstapfen der großen Schlüter-Trac treten. Die Traktoren hatten deutlich über 200 PS, vier gleich große Räder, drei Anbauräume, eine Rückfahreinrichtung und liefen 50 km/h.
Das erste Baumuster, ein Li-Trac 5, hatte 230 PS und ein ZF-Getriebe mit sechs Gängen und vier Lastschaltstufen. Der folgende Li-Trac 6 leistete 272 PS und war mit einem voll lastschaltbaren 18/9-Getriebe des kanadischen Herstellers Funck ausgerüstet. Im Sommer 1997 wurde dieser Prototyp auf einer Vorführung der damaligen Firma MDW in der Nähe von Bautzen erstmals vorgestellt. Im November 1997 stand Mali erstmals als Traktorhersteller auf einer Agritechnica.
Baustelle Getriebe
Der Li-Trac 6 erhielt 1998 eine Leistungssteigerung auf 300 PS, wurde in Li-Trac 300 umbenannt und silberfarben umlackiert. Damit war das Funck-Getriebe leistungsmäßig aber an seiner Grenze. Zudem ließ es sich nach den Vorgaben von Markus Liebherr nicht ausreichend automatisieren. Deshalb begannen seine Konstrukteure mit der Entwicklung des eigenen mechanisch-hydraulisch leistungsverzweigten Getriebes WSG 250. In den folgenden Jahren bauten die Konstrukteure von Liebherr vier Prototypen des Li-Trac 300 mit diesem Getriebe.
Parallel dazu pflegte Markus Liebherr seine Kontakte nach Schönebeck und baute dort eine Traktorenproduktion auf. Auf der Basis des Systemtraktors Systra entwickelten die Liebherr-Konstrukteure den Mali-Trac 120 und später den Typ 140 für Kommunalarbeiten. Dieser Betriebszweig hatte ein wesentlich größeres Marktpotenzial, und so wurde der Li-Trac 300 im Jahr 2008 zunächst auf Eis gelegt.
Die Kabine und die Bedienung waren um 2000 hochmodern, die Elektronik war auf der Höhe der Zeit.
(Bildquelle: Eikel)
Der Prototyp 4 gehört Heinrich Lüers aus Lutten (Niedersachsen).
(Bildquelle: Eikel)
Der Li-Trac 6 mit 272 PS 1997 bei der offiziellen Präsentation.
(Bildquelle: BBC News, Neunaber)
Malis Ende
Im August 2010 verstarb Markus Liebherr ganz überraschend, und damit fehlte die treibende Kraft bei Mali. Ende 2011 lösten seine Erben die Mali Spezialfahrzeuge GmbH auf. Nur ein halbes Jahr später geriet der Spezialtraktorenbau in Schönebeck dadurch in die Insolvenz. Dort stieg die Firma Fuß ein, die die Produktion der Spezialtraktoren noch heute erfolgreich betreibt.
Die fünf Li-Trac 300 wurden verkauft und befinden sich in Sammlerhand. Sie alle ziert der Schlüter-Bär. Dr. Anton Schlüter persönlich hatte dieses Emblem an Markus Liebherr übergeben. Der nahm es als Ansporn, seinem großen Vorbild ein würdiger Nachfolger zu sein. Und der Nachfolger vom Nachfolger, die Firma Fuß Spezialfahrzeugbau GmbH, führt den Schlüter-Bären noch heute in ihrem Emblem. Wir sind gespannt auf die Fortschreibung der Geschichte.