Assistenzsysteme im Mähdrescher: Guter Fahrer und/oder Assistent?
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Welche Mähdrescher-Typen elektronisch was und in welchem Umfang zu bieten haben, sollte vor einem Kauf geprüft werden. Auf die wesentlichen Techniken muss kein Kunde der kleinen bis mittleren Leistungsklassen verzichten, jedoch sind die einzelnen Optionspakete der Hersteller sehr unterschiedlich.
Informationstechnik
- Maschinengestützte Intelligenz vom Einstellassistenten bis zur Vollautomatisierung der Dresch- und Abscheideprozesse funktionieren auch ohne Vernetzung von Informationstechniken.
- Teleservice-gestützte Systeme verbinden den Mähdrescher mit dem Server und lassen Informationsflüsse vom und zum Mähdrescher oder auch zwischen den Maschinen zu.
Maschinen-, Ertrags- und Applikationsdaten der maschinengestützten Systeme können per Teleservice über das Mobilfunknetz ohne weitere Datenverknüpfungen auf einen Server übertragen werden. Insbesondere die Maschinen- und Positionsdaten werden in den Farmmanagement-Systemen zur Optimierung der Betriebslogistik genutzt. Darin enthalten sind Arbeitszeitauswertungen zur Beseitigung möglicher Schwachstellen in der Erntelogistik. Beispiele dafür sind JD Farmsight bzw. Operations Center von John Deere oder Fleet View mit 365 Farmnet von Claas. In diesem Markt sind außerdem auch Nicht-Mähdrescherhersteller aktiv.
Wird der Vertragswerkstatt Zugriff gewährt, kann diese bei Defekten auf die Maschine zugreifen und passende Ersatzteile in kurzer Zeit liefern bzw. direkt mitbringen und vor Ort montieren. Diese Art der Sicherung des Maschineneinsatzes ist die älteste, erstmalig von der Firma Riegger etablierte Teleservicevariante, die von der DLG schon zur Agritechnica 2001 „versilbert“ wurde.
Der Zugriff auf die Maschinendaten schafft Transparenz bei der Beurteilung möglicher Schäden. Es lässt sich z. B. einfacher diagnostizieren, ob technisches Versagen, unzureichende Wartung oder mangelhafte Bedienung die Ursache ist.
Big Data
Sämtliche Mähdrescherdaten lassen sich per Mobiltelefon abrufen. Ist der Farmmanager mit der aktuellen Mähdrescherleistung oder -arbeitsqualität nicht zufrieden, kann er sogar von extern die Maschineneinstellung optimieren.
Der oder die eigenen Mähdrescher können einer Vergleichsprüfung unterzogen werden. Dabei greift das System auf die Daten von Maschinen zu, die aktuell in der Region unter vergleichbaren Bedingungen arbeiten. Diese Mähdrescher werden in Kategorien mit hoher, mittlerer und geringer Arbeitsleistung sowie Arbeitsqualität bzw. Effizienz gegliedert. Dabei werden die Werte der eigenen Maschine/en diesen Kategorien zugeordnet. So erkennt der Nutzer direkt, mit welcher Effizienz seine Mähdrescher arbeiten.
Ähnlich arbeitet die seit 15 Jahren existierende Combine League von Claas Telematics. Auch hier kann auf die Daten anderer Mähdrescher zugegriffen werden, um die eigene Maschine bestmöglich einzustellen. Für alle Teilnehmer wird eine Rangliste der Spitzen- und der Tagesleistung erstellt. Im Unterschied zum Connected Harvest von John Deere melden sich alle Teilnehmer an und wissen folglich, dass sie Teil dieses Informationssystems sind.
Alternativ setzen beide Hersteller auf maschinengestützte Intelligenz. Der einfache Einstellassistent heißt bei Claas Cemos Dialog und bei John Deere ICA. Das 2009 vorgestellte Intelligent User Interface von New Holland wurde bisher nicht in die Serie eingeführt. Claas Cemos Dialog assistiert bei der gesamten Mähdreschereinstellung inklusive Erntevorsatz und Häcksler. John Deere ICA optimiert die Grundmaschine nach gesetzten Prioritäten und gehört bei den größeren Modellen der T-Schüttlerbaureihe sogar zur Serienausstattung.
Vollautomatik
- Claas mit Cemos Automatik,
- John Deere mit ICA2,
- New Holland mit IntelliSense bzw. Case IH mit AFS Harvest Command sowie
- Agco mit IdealHarvest.
Das Cemos Automatik von Claas für den Lexion (Schüttler- und Rotor-Modelle) beinhaltet unterschiedliche Automatik-Bausteine: für das Dreschwerk, für die Restkornabscheidung bei den Rotor-Mähdreschern und für die Reinigung. Insgesamt besteht die selbstlernende Komplettversion aus sechs Regeltechnik-Modulen, dem Cemos Dialog- sowie dem Automatik-Modul.
Im Automatik-Modul verändert der Fahrer seine strategischen Entscheidungen, wenn das gelernte Arbeitsergebnis nicht passt. Er muss nicht mehr wissen, wie der Drescher eingestellt wird, sondern er gibt seine agronomischen Ziele vor. Das System stellt die Baugruppen des Mähdreschers passend ein und reagiert auf Änderungen in der Beschaffenheit des Erntegutes.
Das ICA2 von John Deere in den Rotor-Mähdreschern der S-Serie arbeitet mit zwei Kamera-Systemen und reagiert auf Veränderungen des Erntegutes. Der Fahrer stellt den Mähdrescher so ein oder optimiert ihn mit ICA (Interactive Combine Adjustment) so, dass die von den Kameras im Körner- und Überkehrelevator erfassten Bilder seinen Einstellungs- und Arbeitsqualitätsmaßstäben entsprechen. Diese Bilder programmiert er als Sollwert.
Das ICA2 sorgt dafür, dass die Einstellungen der Baugruppen immer so verändert werden, dass die Istwerte mit den Sollwerten übereinstimmen, also das Arbeitsergebnis den Vorgaben entspricht.
Beim IntelliSense von New Holland misst die Grain Cam die Kornqualität und ein Drucksensor die Belegung des Siebkastens, um für eine kontinuierliche Grenzbelastung der Reinigung zu sorgen. Die Leitleisten im oberen Teil der Rotorgehäuse maximieren den Strohdurchfluss in Abhängigkeit von Kornabscheidung und -qualität. Das System passt die Einstellungen der Baugruppen auf Basis der Grund- oder einer gewählten Einstellung an die Erntebedingungen bzw. strategischen Vorgaben an.
Ebenso funktioniert AFS Harvest Command von Case IH. Allerdings nutzt Case IH nicht den Leistungsbedarf von Erntevorsatz und Schrägförderer. Die Mähdrescherbelastung wird folglich später über die Rotordrehzahl und Motordrückung berechnet.
IdealHarvest von Agco (Fendt, MF) arbeitet mit neuen Längssensoren — sogenannte akustische Massesensoren (MADS) — mit jeweils vier Einzelsensoren entlang der Dresch- und Abscheidekörbe sowie der Reinigung. Diese Sensoren erfassen die Längs- und Querverteilung des abgeschiedenen Korns an ihrer jeweiligen Position.
Das Informationssystem berechnet daraus die sogenannte Abscheidefunktion, anhand derer eine Über- oder Unterbelastung der Baugruppen berechnet bzw. vorausgesagt wird. Nach diesen Abscheidefunktionen und den per SmartConnect App vorgewählten Zielen „Kornqualität“ und „Druschleistung“ erfolgt die automatische Anpassung der Dresch-, Abscheide- und Reinigungs-Baugruppen an die Erntebedingungen.
Sinn oder Unsinn der Automatik
- Erfahrungsgemäß identifizieren sich technikaffine, erfahrene Fahrer mit dem System und treten sogar in den Wettbewerb mit der Automatik, indem sie ihr eigenes Einstellwissen mit dem des Automaten vergleichen und auch vom ihm lernen.
- Andere, ebenfalls erfahrene Fahrer wollen sich nicht belehren lassen und wussten schon immer, wie ein Mähdrescher einzustellen ist. Sie kennen die standortspezifischen Einstellungen und haben bisher gut geerntet. Kommt dann noch das Argument „die neue Technik bewirkt, dass ich im Winter nicht genügend Überstunden abfeiern kann“ hinzu, hat eine Automatik keine Chance.
- Und wer meint, einen „Ahnungslosen“ durch die Regeltechnik im Mähdrescher kompensieren zu können, wird auch nicht glücklich. Denn der Fahrer muss noch immer als Regulativ wirken und wissen, wann er wo einzugreifen oder seine Strategie zu ändern hat.
Letztendlich ist die Kombination von Aufgeschlossenheit, guter Kenntnisse über die Grundeinstellung sowie einer Portion Erfahrung die erfolgversprechendste Variante — guter Fahrer plus Automatik. Vor allem in Großbetrieben bei Neuanschaffung einer Flotte sollte mindestens ein Mähdrescher mit einer solchen Automatik in maximaler Ausstattung geordert werden. Dann können die anderen Fahrer bei auftretenden Problemen wenigstens die Einstellungen per Funkspruch übernehmen.
Derartige Probleme entstehen bei sich ändernden Erntebedingungen. Das erkennt die Sensorik meist feinfühliger als der Fahrer. Da die Automatik ständig die Plausibiltät der Sensorwerte überprüft, fährt sie über einen langen Arbeitstag den Mähdrescher kontinuierlicher am Limit als ein Fahrer. Ähnliches gilt für den Fahrerwechsel in Betrieben mit Mähdreschern unterschiedlicher Hersteller oder mit verschiedenen Dresch- und Abscheidesystemen.
Mehrleistung der Automatik
Interessanterweise gab es nie Minderleistungen im Automatikmodus — auch, weil das System den Bediener entweder davor warnt oder dieses Ergebnis erst gar nicht zulässt. Je weiter die Erntebedingungen von den Bedingungen für die Standardeinstellung abweichen, desto mehr erhöht die optimierte Einstellung per Automat den Durchsatz bei gleichen Kornverlusten und gleicher Kornqualität. In grünstrohigem Raps wurden mit dem Cemos Automatik die höchste Mehrleistung gemessen.
Doch Spitzenwerte von Leistungsdifferenzen sind ebenso wenig entscheidend wie Pauschalwerte. Viel wichtiger ist, dass die Automatik sowohl die Mähdrescherleistung als auch -arbeitsqualität während eines ganzen Tages am vorgegebenen Limit hält. Je nach Know-how des Fahrers und Erntebedingungen sowie Kampagneleistung kann der Kundennutzen einer Einstell-Automatik im Großmähdrescher durchaus 10 000 bis 15 000 Euro pro Saison betragen.
Die Automatiksysteme sind auch geeignet, bei Neuanschaffungen von Mähdreschern deren Leistungsklasse nach unten anzupassen, ohne tatsächlich Leistung einzubüßen. Darf z. B. die Maschine der obersten Klasse aufgrund der Transportbreite nicht mehr auf die Straße, empfiehlt sich unter Umständen ein schmalerer Mähdrescher mit Fünfschüttler-Chassisbreite und Einstell-Automatik. Betriebe mit Hochleistungs-Mähdreschern, die ihre Maschinenanzahl — und damit die technische Druschkapazität — bei Neuanschaffungen reduzieren möchten, sind mit automatisierten bzw. intelligenten Mähdreschern ebenfalls gut beraten.
Vorausschauende Anpassung
Der neue proaktive Durchsatzregler wird durch zusätzliche Sensorik unterstützt. Einerseits besteht diese Sensorik aus zwei 3D-Stereokameras, die die Bestandessituation — stehend, quer oder längs liegend, lückig, Fahrgasse, Stoppel — erkennen. Daraus wird berechnet, welche Art von Druschfruchtbestand der Mähdrescher absehbar zu verarbeiten hat — das System arbeitet wie ein vorausschauender, routinierter Mähdrescherfahrer.
Andererseits werden die Daten von Satellitenbildern oder sonstigen Systemen zur Kartierung der gewachsenen Biomasse in das System eingespeist. Das System schaut folglich voraus, wie viel Biomasse der Bestand beinhaltet. Predictive Feedrate Control kann auch mit der Einstell-Automatik ICA2 kombiniert werden. Dies erhöht den Automatisierungsgrad beim Mähdrusch und ist eine gute Basis für den autonom arbeitenden Mähdrescher, der allerdings aus Sicherheits- und einsatztechnischen Gründen weiterhin von einem Fahrer überwacht werden wird.
Fazit
Maschinengestützte Intelligenz arbeitet auch ohne Verbindung zu Managementsystemen. Diese wurde vom Einstellassistenten bis zum selbstlernenden Einstellautomaten weiterentwickelt. Letztere bringen den großen Vorteil, dass der Mähdrescher kontinuierlich am strategisch vorgegebenen Limit erntet. Dennoch ist der Nutzen umstritten. Hauptgrund hierfür sind die unterschiedlichen Vergleichsmaßstäbe —und diese heißen Qualifikation und Neigung der Fahrer.
Wird maschinengestützte Intelligenz mit zusätzlichen externen Daten, wie Satellitendaten zum Pflanzenmasseaufwuchs unterstützt, so kann ein mit derartigem Informationssystem versehener Mähdrescher sogar vorausschauend wie der erfahrene Fahrer ernten. Derartige, aktuelle Hightech-Lösungen sind die Voraussetzung für das irgendwann mögliche, autonome Ernten.