Die EnviTec Biogas AG hat den riesigen Biogasanlagenpark in Güstrow für die Herstellung von Bio-LNG und flüssigem CO2 umgerüstet. Der Erprobungsbetrieb startete im Herbst 2023.
Ehemals erzeugte der Biogasanlagenpark in Güstrow rund 5.000 m³ Biomethan pro Stunde und speiste es ins Erdgasnetz ein. Im Jahr 2021 übernahm die EnviTec Biogas AG den Anlagenpark und setzte ein neues Geschäftsmodell für einen wirtschaftlichen Weiterbetrieb um.
Die Bedingungen für die Produktion des flüssigen Kraftstoffs Bio-LNG (Liquified Natural Gas) aus Gülle und Mist waren aufgrund der Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED II) vielversprechend (siehe Beitrag zur THG-Quote auf Seite 42). Die Quotenpreise für die Treibhausgasminderung beim Inverkehrbringen dieses Biokraftstoffs lagen zeitweise bei 500 €/t CO2.
Also investierte EnviTec mehr als 50 Mio. € in die Umrüstung und Sanierung des Bioenergieparks.
Bio-LNG für 50 Mio. Kilometer
Der BioEnergie Park Güstrow wird im Regelbetrieb zukünftig rund 9.600 t Bio-LNG und 15.000 t flüssiges CO2 (LCO2) pro Jahr produzieren. Das sind etwa 26 t Bio-LNG und 40 t Bio-LCO2 täglich. Die Menge an jährlich in Güstrow erzeugtem „grünem“ Kraftstoff reicht in etwa für 50 Mio. per Lkw gefahrenen Kilometer. Das seien zwar nur etwa 1 % der jährlichen Lkw-Kilometer in Deutschland. Aber immerhin entspräche die Strecke rund 1.250 Erdumrundungen, wie ein Redner in seinen Grußworten bei der Einweihung des BioEnergie Parks Güstrow am 31. August 2023 vorrechnete.
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Ehemals erzeugte der Biogasanlagenpark in Güstrow rund 5.000 m³ Biomethan pro Stunde und speiste es ins Erdgasnetz ein. Im Jahr 2021 übernahm die EnviTec Biogas AG den Anlagenpark und setzte ein neues Geschäftsmodell für einen wirtschaftlichen Weiterbetrieb um.
Die Bedingungen für die Produktion des flüssigen Kraftstoffs Bio-LNG (Liquified Natural Gas) aus Gülle und Mist waren aufgrund der Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED II) vielversprechend (siehe Beitrag zur THG-Quote auf Seite 42). Die Quotenpreise für die Treibhausgasminderung beim Inverkehrbringen dieses Biokraftstoffs lagen zeitweise bei 500 €/t CO2.
Also investierte EnviTec mehr als 50 Mio. € in die Umrüstung und Sanierung des Bioenergieparks.
Bio-LNG für 50 Mio. Kilometer
Der BioEnergie Park Güstrow wird im Regelbetrieb zukünftig rund 9.600 t Bio-LNG und 15.000 t flüssiges CO2 (LCO2) pro Jahr produzieren. Das sind etwa 26 t Bio-LNG und 40 t Bio-LCO2 täglich. Die Menge an jährlich in Güstrow erzeugtem „grünem“ Kraftstoff reicht in etwa für 50 Mio. per Lkw gefahrenen Kilometer. Das seien zwar nur etwa 1 % der jährlichen Lkw-Kilometer in Deutschland. Aber immerhin entspräche die Strecke rund 1.250 Erdumrundungen, wie ein Redner in seinen Grußworten bei der Einweihung des BioEnergie Parks Güstrow am 31. August 2023 vorrechnete.
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Beim Rundgang über die Anlage erklärte Christian Eilert, Vertriebsleiter Deutschland bei der EnviTec Anlagenbau GmbH & Co. KG, die Technik. Wie bei der ursprünglichen Anlage aus dem Jahr 2009 erzeugen fünf Module mit je fünf Behältern das Rohbiogas. Um die 150 Tage Verweilzeit im gasdichten System einhalten zu können, gibt es jetzt pro Modul zwei Fermenter und zwei Gärrestspeicher plus einem Gärrestvorlagebehälter für eine anschließende Gärrestseparation.
Rund 40.000 t nachwachsende Rohstoffe und 100.000 t Hühnertrockenkot (HTK) werden jährlich gefüttert. Ehemals lag der Substratinput bei 400.000 t Nawaro mit einem hohen Anteil an Maissilage. Das Fahrsilo auf der Anlage bietet Platz für bis zu 70.000 t Maissilage. Somit kann dort jetzt die gesamte Jahresmenge für die Biogasanlage gelagert werden. Für die Anlieferung des Hühnertrockenkots und die Einbringung der Maissilage in die Fütterung gibt es fünf Durchfahrtshallen mit je vier Feststoffdosierern, die seitliches Abkippen ermöglichen. Die Substrate kommen nach Möglichkeit von Betrieben aus der näheren Umgebung.
Strom für die Aufbereitung
Im Verlauf des weiteren Rundgangs folgen wir dem Weg des Gases: Der BioEnergie Park Güstrow erzeugt 4.200 m³ Rohbiogas pro Stunde. Davon werden 1.000 m³ pro Stunde in insgesamt fünf BHKW verstromt und 3.200 m³ pro Stunde zu Biomethan aufbereitet und anschließend zu Bio-LNG und Bio-LCO2 verflüssigt.
Die drei Bestands-Blockheizkraftwerke mit jeweils 330 kW und die zwei neu hinzugekommene BHKW mit je 1 MW elektrischer Leistung produzieren den Strom für die Aufbereitungsanlagen sowie die Wärme für die Fermenterheizung. Ziel ist, möglichst autark zu sein.
Der Grundgedanke bei der Rohbiogasaufteilung eins zu drei: Bilanziell gerechnet, kommt so das Biogas für die Strom- und Wärmeerzeugung aus der Maissilage. Das aus HTK gewonnene Biogas geht über die Aufbereitung zu Bio-LNG in den Verkehrssektor und ist damit voll THG-Quoten-fähig.
Am Gärrestlager wird das Rohbiogas abgesogen und der Druck auf rund 120 mbar erhöht. In den im Erdreich verlegten Gasleitungen kühlt das Rohbiogas bereits etwas ab. Danach entfeuchtet ein Gegenstromwäscher das Gas und entzieht ihm Ammoniak, und die nachfolgende Aktivkohlefilterkolonne holt Schwefelwasserstoff und Kohlenwasserstoffe heraus.
„Wir brauchen für die Methangasaufbereitung sehr reines Gas mit weniger als 10 ppm H2S, 10 mg NH3 und 20 mg flüchtige Kohlenwasserstoffe“, erklärt Eilert.
Die Biomethanaufbereitung von EnviTec arbeitet mit Membrantechnik. Dieses Verfahren nutzt die Molekülgröße und die Durchtrittsgeschwindigkeit der Moleküle durch eine Hohlfasermembran. Da Methan (CH4) größer ist als Kohlendioxid (CO2), wird es von der Membran zurückgehalten, während das CO2 hindurchströmt.
Die zwei Linien im BioEnergie Park Güstrow verarbeiten bis zu 3.200 m³ Rohbiogas pro Stunde und erzeugen so stündlich bis zu 1.680 m³ Biomethan mit einem Methangehalt von rund 98 %. Damit ist es einspeisefähig und für die weitere Feinreinigung geeignet.
Die Biomethan-Einspeisestation der ehemaligen Nawaro-Biogasanlage gibt es übrigens noch. So kann EnviTec das Biomethan ins Erdgasnetz einspeisen und sozusagen zwischenpuffern, wenn die LNG-Verflüssigung wegen Wartungsarbeiten ausfällt. Später kann sich der BioEnergie Park Güstrow das Gas für die Verflüssigung aus dem Netz zurückholen. Interessant dabei ist, dass EnviTec bilanziell auch Methangas für die LNG-Verflüssigung nutzen kann, das von einer ihrer anderen Biomethan-Anlagen ins Erdgasnetz eingespeist wurde.
Betriebsspiegel
Bioenergie Park Güstrow
Biogasanlage: 5 Module mit je 2 Fermentern, 2 Gärrestbehältern, 1 Gärrestvorlagebehälter für Separation
Input: 40.000 t Nawaro, 100.000 t HTK pro Jahr
Anlieferung und Fütterung: 5 Durchfahrthallen mit je 4 Feststoffdosierern à 180 m³, Flüssigfütterung
Output: 4.200 m³/h Rohbiogas, 1.680 m³/h Methan, 9.600 t Bio-LNG, 15.000 Bio-LCO2 pro Jahr, 3,1 MWel
Aufbereitung: Biomethan Membrantechnik von Envitec, Bio-LNG Technik von Air Liquide, Bio-LCO2 Technik von Cryotec
Vom Biomethan zum Bio-LNG
Für die Verflüssigung zu Bio-LNG wird das Biomethan nach der Gasaufbereitung zunächst durch eine Feinreinigung geschickt. Sie senkt den CO2-Anteil auf unter 50 ppm. Außerdem entfernt die Reinigung weitere Fremdstoffe wie flüchtige organische Komponenten.
Das gereinigte Biomethangas wird dann auf -30 °C vorgekühlt und anschließend in einem Plattenwärmetauscher soweit heruntergekühlt, bis es bei -150 °C schließlich flüssig ist. Die dazu notwendige Kälte wird ähnlich wie bei einem Kühlschrank durch wiederkehrende Zyklen von Kompression und Expansion eines Kältemittels erzeugt. Das Kältemittel ist hier ein Helium-Stickstoff-Gemisch. Das LNG-Verflüssigungssystem mit Zentrifugalkompressor, dem sogenannten Turbo-Brayton Verflüssiger, ist von Air Liquide.
Gelagert wird der flüssige Biokraftstoff in einem riesigen Tank. „Der Transport des Tanks war eine der größten Herausforderungen des Umrüstungsprojekts in Güstrow“, berichtet Christian Eilert. Es musste eigens für den in einem Stück angelieferten Tank eine temporäre Ausweichstrecke gebaut werden. In den Lagertank mit 450 m³ Volumen passen rund 200 t LNG. Das entspricht einer Lagerkapazität für die wöchentliche Bio-LNG-Produktion des BioEnergie Parks im Regelbetrieb.
Der zweite Weg des Biogases betrifft das sogenannte Permeat, welches bei der Biomethanaufbereitung mit geringen Methanresten herausgefiltert wird. Es enthält 98 bis 99 % CO2. Dieses Gas muss weiter aufbereitet werden, um es auf den von der Lebensmittelindustrie geforderten Reinheitsgrad von 99,9 % CO2 nach Eiga-Norm zu bringen.
In der Verflüssigungsanlage mit Technik von der Firma Cryotec wird das Permeat zunächst in einem Gasballon zwischengespeichert. Ein zweistufiger, ölfreier, wassergekühlter Kompressor verdichtet es anschließend auf 16 bis 20 bar. Der Kompressor ist mit Zwischenkühler, Nachkühler und Kondensatabscheider ausgerüstet.
Der Großteil der im Prozessgas enthaltenen Feuchte wird durch die Kühlung des Gasstroms in den Wärmeüberträgern mit anschließender Abtrennung des Kondensats im Abscheider entfernt. Zusätzlich trocknet und reinigt eine Adsorptionsbatterie das Prozessgas.
Nach dem Trocknungs- und Reinigungsprozess strömt das Gas durch einen Filter zu einem Kondensator. Und ein kleiner Teil des Gases wird im sogenannten Reboiler verdampft. Dabei entsteht gasförmiges CO2, welches im weiteren Verlauf des Prozesses als Strippgas genutzt wird. Ein Kondensator verflüssigt das CO2. Eine Pumpe fördert es in den Kopf einer Stripper-Kolonne. Sie enthält hochwirksame Stoffaustauschpakete, die nicht kondensierbare Bestandteile wie O2, N2 und CH4 bei der Strippung abtrennen. Das reine Bio-LCO2 wird schließlich in einen der beiden 300 m³ großen, wärmegedämmten Lagertank gefördert.
Der BioEnergie Park Güstrow befindet sich im Erprobungsbetrieb. Erste Verträge mit Abnehmern sind geschlossen. Nicht gesichert ist jedoch der Preis, der sich durch den THG-Quotenhandel erzielen lässt. Beim Start des Umrüstungsprojekts lag dieser noch auf hohem Niveau. Aktuell ist er auf rund 170 € pro Tonne eingespartem CO2 gesunken.
Hinzu kommt die Unsicherheit durch eventuelle Änderungen mit RED III. Falls sich z. B. Mist bei der Treibhausgasminderung nicht mehr wie bisher mit 100 g CO2äq/MJ, sondern vielleicht nur noch mit 50 g CO2äq/MJ bewerten ließe, würde das die Wirtschaftlichkeit von Biomethan- und Bio-LNG-Projekten erheblich verändern.