Vogt MDB-Raupe mit SIS-Remote: Teilautonome Funkraupe
Vogt stattet seine Funkraupen mit einem automatischen Lenksystem von Reichhardt aus. Das erhöht die Sicherheit für den Bediener am Steilhang und an Straßenböschungen.
Das Arbeiten an steilen Hängen oder an Straßenböschungen ist körperlich anstrengend und nicht ungefährlich. Die MDB-Raupen der LV-Serie von Vogt können bis 60 Grad Hangneigung arbeiten, die kleineren
Modelle sogar bis 70 Grad. Wegen ihres tiefen Schwerpunkts kippen die Raupen nicht. Aber in so extrem steilem Gelände besteht die Gefahr, dass das Fahrzeug ins Rutschen gerät. Dann wäre es fatal, wenn der Bediener zu dicht neben der Maschine geht. Die zu den multifunktionalen Geräteträgern gehörende Funkfernbedienung bietet hier schon eine gute Sicherheit. Der Bediener kann sich außerhalb des Gefahrenbereichs aufhalten und hat dabei die Maschine trotzdem im Blick.
Bei Pflegearbeiten an Straßenböschungen kommt erschwerend hinzu, dass der Bediener ständig auch auf das Umfeld und vor allem auf den Straßenverkehr achten muss. Um die Sicherheit an steilen Hängen oder an Straßenböschungen zu erhöhen, hat Vogt gemeinsam mit den Firmen Reichhardt und HBC radiomatic das intelligente Sicherheitssystem Safety-Intelligence-System SIS Remote entwickelt. Das SIS Remote ist ein automatisches Lenksystem und funktioniert genauso wie auf Traktoren.
Vogt MDB-Raupe mit SIS-Remote: Wie beim Traktor-Lenksystem
Vogt stattet die MDB-Raupe für das automatische Lenken mit dem Lenkjobrechner Smart iBox, dem GNSS-Empfänger RGS 700 und dem Kommunikationsmodul ISO Flex von Reichhardt aus.
Das ISO Flex Modul stellt eine Verbindung zum Lenkjobrechner und zum CAN-Bus auf der MDB-Raupe her. Außerdem baut das Modul per WLAN eine Verbindung zum Bediencomputer auf und ermöglicht per integriertem 4G-LTE-Modem einen Zugang in das Internet. So kann es die Korrekturdaten zum automatischen Lenken aus einem RTK-Netz empfangen oder via Hotspot vom Tablet verschickte E-Mails versenden. Auch Software-Updates lassen sich jederzeit herunterladen.
Für die Bedienung des Lenksystems wird ein Android-Tablet genutzt. Auf dem Tablet ist die Smart Command-App von Reichhardt inklusive Freischaltung der Software Smart Control für das GNSS-gestützte, automatische Parallelfahren installiert.
Das SIS Remote-Paket für die MDB-Raupen von Vogt kostet rund 20 000 Euro ohne Mehrwertsteuer. Darin nicht enthalten ist eine SIM-Karte für den Empfang der RTK-Daten.
Für SIS Remote sind ein Lenkjobrechner und ein Kommunikationsmodul eingebaut.
(Bildquelle: Tovornik)
Der GNSS-Empfänger führt die Raupe mit RTK zentimetergenau.
(Bildquelle: Tovornik)
Für Traktoren ist es an diesem Hang zu steil. Die Raupe kann an noch steileren Hängen arbeiten.
(Bildquelle: Tovornik)
CAN-Bus für Datentransfer
Nachrüstbar ist das SIS Remote derzeit nicht, weil das zu aufwändig und zu teuer wäre. Denn sowohl die Funkanlage für die Fernbedienung als auch das Motorsteuergerät müssten bei den aktuell im Markt befindlichen MDB-Raupen ausgetauscht werden. Denn diese sind noch nicht mit einem CAN-Bus ausgestattet, den das SIS Remote für den Austausch von Sensordaten und Steuerungsbefehlen braucht.
Das CAN-Bus-fähige Maschinensteuergerät spricht mit den einzelnen Teilnehmern im CAN-Bus. Dazu gehören z. B. das Hubwerk, die Zusatzsteuergeräte und der Antrieb für das Arbeitsgerät im Frontanbau. Der Vorteil dieser Vernetzung ist, dass alle Daten vom CAN-Bus per WLAN an das Tablet gehen. Dieses zeigt dem Bediener so alle relevanten Maschinendaten wie Motortemperatur, Hydraulikleistung, Drehzahl, Neigung der Maschine und aktuellen Verbrauch.
Für das Anlernen des SIS Remote lenkt der Bediener die MDB-Raupe in der ersten Spur manuell. Die Spur darf kurvig sein und dient anschließend als Referenzspur für das automatische Lenken in den Parallelspuren.
Die Aktivierung des SIS Remote erfolgt an der Funkfernbedienung, nicht über das Tablet. Außerdem muss der Bediener die Raupe vorwärtsfahren lassen, indem er den Kreuzhebel nach vorne drückt. Der Fahrhebel ist damit gleichzeitig der aus Sicherheitsgründen notwendige Totmannschalter. Lässt er ihn los, weil z. B. ein Hindernis vor der Raupe auftaucht, bleibt das Fahrzeug sofort stehen. Und wenn er den Kreuzhebel zum Lenken nach rechts oder links bewegt, wird die automatische Lenkung deaktiviert.
Ebenfalls aus Sicherheitsgründen schaltet sich die Lenkautomatik ab, wenn die WLAN-Verbindung zwischen dem Tablet und der Elektronik im Fahrzeug abreißt. Die Reichweite beträgt etwa 100 m. Die Reichweite der Funkverbindung zwischen der Fernbedienung und der Steuerung im Fahrzeug ist hingegen deutlich größer. Somit kann der Bediener die Raupe nach einer WLAN-Unterbrechung noch manuell lenken und wieder in den Empfangsbereich zurückbringen. Nur wenn die Funkverbindung ebenfalls unterbrochen ist, bleibt die Raupe stehen. Darüber hinaus kann der Bediener die Raupe jederzeit über den Notstopp-Knopf zum Stehen bringen.
Eine Hinderniserkennung z. B. mit Ultraschall oder 3D-Laserscanner gibt es für das SIS-Remote bisher nicht. Denn für die Umsetzung eines solchen Systems wäre künstliche Intelligenz nötig, die erkennt, ob das Hindernis ein Stein, ein Pfosten oder eine große Unkrautpflanze ist. Immerhin können und sollen die Mulcher auch kleine Birken zerschlagen.
Also ist der Mensch weiterhin zum Überwachen und Treffen von Entscheidungen nötig. Trotzdem hat das teilautomatisierte Arbeiten mit SIS Remote Vorteile für den Bediener. Er muss weder am steilen Hang stehen noch der Maschine nachlaufen. Am besten sucht er sich einen Platz, von dem aus er die Raupe gut sieht und mäht bzw. mulcht größere Stücke parzellenweise.
Außerdem erhöht SIS Remote die Arbeitseffektivität, weil das automatische Lenken mit RTK-Genauigkeit nahezu die volle Arbeitsbreite ausnutzt. Selbst ein geübter Bediener wird es kaum schaffen, über den gesamten Arbeitstag beim Anschlussfahren nur wenige Zentimeter zu überlappen. Die Konzentration lässt irgendwann nach. Und weil sich der Bediener dank SIS Remote nicht auf das Lenken konzentrieren muss, fällt es ihm leichter, nicht nur die Maschine, sondern auch das Umfeld zu beachten. Das ist besonders bei Arbeiten an Straßenrändern wichtig.
Bei unserem Einsatz einer MDB-Funkraupe LV 600 mit SIS Remote brauchte die Lenkautomatik nach dem manuellen Wenden relativ lange, bis sie die Raupe in die Spur eingelenkt hatte. Das Lenksystem lässt sich aktivieren, sobald etwas in Richtung der nächsten Spur eingelenkt wurde. Der Winkel zur nächsten Sollspur muss kleiner als 86 Grad und der Spurabstand kleiner als 55 cm sein.
Reichhardt hatte die Empfindlichkeit des Lenksystems für die MDB-Raupe wenig aggressiv eingestellt. So schädigen die Gummiketten des Raupenlaufwerks nicht die Grasnarbe. Dafür dauert das Einlenken länger. Bei aggressiverer Einstellung wäre ein schnelleres Einlenken möglich. Die einzelnen Ketten rechts und links müssten dann stärker beschleunigt und abgebremst werden. Deswegen sollte der Bediener möglichst weit von Hand in die nächste Spur einlenken oder in einem großen Bogen wenden, so dass für das automatische Einlenken eine längere Strecke zur Verfügung steht.
In der Smart Command App ist eine Auftragsverwaltung integriert. Über die aufgezeichneten Spuren lassen sich die Flächengrößen und die Mitarbeiterstunden für die Abrechnung ermitteln.
Die Daten können im ISO-XML-Format exportiert werden.
Die aufgezeichneten Spuren können für einen späteren Auftrag auf derselben Fläche wiederverwendet werden.
Das SIS Remote ist ein GNSS-gesteuertes, automatisches Lenksystem für die von der Firma Vogt in Deutschland und Österreich vertriebenen Funkraupen von MDB. Hard- und Software für das Lenksystem sind von Reichhardt. Die CAN-Bus-fähige Funkbedienung ist von HBC. Das Zusatzpaket kostet rund 20 000 Euro ohne MwSt. — ein stolzer Preis für eine Maschine, die ohne diese Zusatzausstattung rund 60 000 Euro
kostet.
Doch andererseits erhöht das System die Sicherheit und die Arbeitseffizienz. Der DLG war dies eine Silbermedaille beim Innovation Award 2022 wert.