Verbrauchsvergleich: HVO vs. Diesel mit dem Valtra Q 285: Mehr und doch weniger Verbrauch
Alternative Kraftstoffe werden zunehmend angeboten, um den CO2-Ausstoß zu minimieren. Das DLG-Testzentrum hat einen Valtra Q 285 einmal mit HVO und einmal mit Diesel getankt — und gemessen.
Es ist kein Schleppertest, wie Sie ihn vielleicht erwarten. Denn den Valtra Q 285 mit all seinen Vor- und Nachteilen haben wir bereits in profi 3/2024 für Sie ausführlich getestet. Valtra hat allerdings zusammen mit dem DLG-Testzentrum noch einen interessanten Vergleich angestellt, den wir Ihnen nicht vorenthalten wollen.
Erstmals haben DLG-Ingenieur Martin Hanstein und Valtra-Spezialist Jens Wohlers die Ergebnisse auf der Deluta 2024 präsentiert. Mit dem Powermix-Test der DLG lassen sich praxistaugliche Messungen unter exakt gleichen Bedingungen jederzeit wiederholen. Hier spielt der Rollenprüfstand seine Stärken aus. Und diesen Vorteil hat Valtra genutzt, um zusammen mit der DLG zwei Kraftstoffarten miteinander zu vergleichen: Synthetisch hergestelltes HVO und Diesel der aktuellen Norm B7.
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Es ist kein Schleppertest, wie Sie ihn vielleicht erwarten. Denn den Valtra Q 285 mit all seinen Vor- und Nachteilen haben wir bereits in profi 3/2024 für Sie ausführlich getestet. Valtra hat allerdings zusammen mit dem DLG-Testzentrum noch einen interessanten Vergleich angestellt, den wir Ihnen nicht vorenthalten wollen.
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Die Idee, den CO₂-Fußabdruck für z. B. den Produktionszyklus zu berechnen und zu bewerten, ist bereits in vielen Unternehmen geplant bzw. schon umgesetzt. Die Entwicklung geht in Richtung mehr Transparenz, Reduktion von Emissionen und nachhaltigerer Produktion. Der CO2-Ausstoß der eigenen Traktoren kann eine von vielen Stellschrauben für diese Bilanz sein. Man sollte sich zumindest mit den Quellen und deren Einsparmöglichkeiten auseinandersetzen. Hier kann der synthetische Kraftstoff HVO (Kasten „Was ist HVO?“) eine einfache Möglichkeit sein, die Betriebsbilanz zu verbessern.
HVO ist die Abkürzung für Hydrotreated Vegetable Oil bzw. hydriertes Pflanzenöl. Die Bezeichnung ist leicht irreführend, denn inzwischen werden neben pflanzlichen Rest- bzw. Rohstoffen auch tierische Abfälle hydriert. Demnach wird HVO auch als HDRD bezeichnet (Abkürzung für Hydrogenation Derived Renewable Diesel bzw. hydrierter Diesel aus erneuerbaren Reststoffen).
Je nach Rohstoff wird vor der eigentlichen Hydrierung eine Reinigung, Entwässerung und Filtration nötig. Für die aktuelle industrielle Produktion sind Altspeisefette, tierische Fette, Rapsöl und zertifiziertes Palmöl die Hauptrohstoffe. Danach werden die Öle und Fette unter hohem Druck bei hoher Temperatur (300 bis 400 °C) in speziellen Katalysatoren mit Wasserstoff (H2) hydriert. So wird der Sauerstoff aus den Verbindungen entfernt, und es entstehen gesättigte Kohlenwasserstoffe, die der chemischen Struktur von normalem Diesel ähneln. HVO ist dabei frei von Aromaten und Schwefel.
Der größte Hersteller von HVO ist derzeit Neste mit Raffinerien in Finnland und den Niederlanden. Bis 2026 möchte Neste die Produktion von derzeit 5 auf 7 Mio. t erweitern. Von den jährlich rund 31 Mio. t verbrannten Diesels in Deutschland fallen nur 1,7 Mio. t auf die Landwirtschaft. Demnach kann HVO den Energiebedarf bisheriger Diesel-Verbrenner nicht decken. Im Gegenteil: Auch die Luft- und Schifffahrt haben Interesse am synthetischen Kraftstoff.
Weiteres Problem: Reststoffe sind nicht unendlich verfügbar. Bisher wurden die Reststoffe zu großen Teilen in der Kosmetikindustrie einerseits und vor allem die pflanzlichen Beiprodukte für die Tierernährung andererseits genutzt. Hier steigt die Nachfrage und womöglich auch der Import von z. B. Palmöl mit seinen bekannten Problemen.
Bevor wir auf die Verbräuche im Vergleich eingehen, zunächst ein paar Eigenschaften von HVO, Diesel und reinem Biodiesel im Vergleich. Vor allem bei den Verbrauchsmessungen sind Dichte und Brennwert zu berücksichtigen.
Betrachtet man den Verbrauch volumetrisch in l/h, wird die Dieselvariante besser abschneiden, da herkömmlicher Diesel eine höhere Dichte als HVO aufweist. Demnach hat Diesel je Liter mehr Energie als HVO. Vergleicht man die Verbräuche gravimetrisch — also massebezogen — in kg/h schneidet die Variante mit HVO besser ab (Tabelle „HVO im Vergleich zu Diesel und Biodiesel“).
Bei den zwölf praxisnahen Zyklen der Powermix-Messungen vom DLG-Testzentrum ist der HVO-Verbrauch in l/h im Vergleich zum Dieselverbrauch durchweg höher.
(Bildquelle: Raulf)
Ist die Bemessungsgrundlage der spezifische Verbrauch in g/kWh oder wie hier der absolute Verbrauch in kg/h liegen die Werte
beim Diesel wiederum rund 4 % höher. Bei leichten Arbeiten mit weniger Last ist der Verbrauchsunterschied größer.
(Bildquelle: Raulf)
HVO ist zündwilliger
Im Vergleich zu Diesel und Biodiesel hat der hydrierte Kraftstoff HVO eine höhere Cetan-Zahl. Der Kraftstoff ist damit zündwilliger und der Motor springt bei niedrigen Temperaturen besser an. Ohne die Beimischung von Biodiesel ist die Lagerstabilität von HVO im Vergleich zu B7-Diesel oder reinem Biodiesel besser. Mikroorganismen können in HVO praktisch gar nicht überleben: Die Dieselpest im Lagertank ist bei HVO ausgeschlossen. Ohne Zusätze kann HVO bei bis zu -40 °C gelagert werden.
Allerdings hat die Hydrierung mit Wasserstoff einen entscheidenden Nachteil: Die Herstellung der synthetischen Kraftstoffe benötigt im Vergleich mehr Energie. Hersteller und Raffinerien sind daher bemüht „grünen“ Wasserstoff zu produzieren, um einerseits die Energiekosten und den CO2-Fußabdruck der HVO-Produktion so klein wie möglich zu halten. Die Rohstoffe, aus denen HVO gefertigt werden kann, sind endlich bzw. stehen in Konkurrenz zu anderen Nutzungen (Tiernahrung, Kosmetikprodukte usw.). Zudem steht die Beschaffung von Rohstoffen in der Kritik, weil z. B. Palmölderivate genutzt werden könnten. Außerdem konkurriert die Nutzung mit der in der Luft- und Schifffahrt — je nach Angebot. Aktuell hat der größte Hersteller Neste wegen der mangelnden Nachfrage aus den USA allerdings 600 Mitarbeiter entlassen…
Aber zurück zur Praxis bzw. zum Valtra Q 285. Anders als bei reinem Pflanzenöl geben viele Hersteller ihre Traktoren bzw. die Motoren für synthetische Kraftstoffe frei. So auch beim Q und allen anderen Serien von Valtra — ohne Änderung der Hard- oder Software. Sämtliche Komponenten bleiben gleich. Vom Tank über die Einspritzanlage und den Brennraum bis zum Kühl- oder auch Abgasnachbehandlungssystem. Auch die Beimischung von HVO zu Diesel ist unproblematisch.
Einige Hersteller warnen indes vor einem ständigen Wechsel zwischen den Kraftstoffarten. Hintergrund sind die Gummidichtungen im Kraftstoffsystem. Diese dehnen sich je nach Kraftstoffart unterschiedlich aus.
Bei den praxisnahen Powermix-Messungen der DLG vergleichen wir zunächst die maximale Leistung an der Zapfwelle des Valtra Q 285 mit beiden Kraftstoffarten. Der Q 285 hat mit 210 kW/285 PS Maximalleistung wie alle Q-Modelle den Sechszylindermotor mit 7,4 l Hubraum von AgcoPower unter der Haube. Dieser erfüllt dank DOC und SCR-Kat nicht nur die Abgasstufe V, sondern legt bei Zapfwellen- und/oder Hydraulikarbeiten sowie bei Straßenfahrten mit mehr als 15 km/h noch einmal 14 kW/20 PS Boost nach.
Befeuert vom B7-Diesel, kommen hinten an der Zapfwelle 181 kW/246 PS an. Mit HVO vom größten Hersteller Neste im Tank sind es 180,4 kW/ 245,3 PS an der Zapfwellenbremse. Auch mit eingeschaltetem Boost ist der Unterschied zwischen den beiden Energieträgern unerheblich 191 kW zu 190,3 KW — so weit, so gleich. Bei Volllast des Sechszylinders ist selbst der Verbrauch an AdBlue mit maximal 4,31 kg/h (Dieselbetrieb) zu 4,26 kg/h (HVO-Betrieb) nahezu identisch.
Um dem Vergleich auch in der Praxis gerecht zu werden, haben wir die Q-Serie von Valtra, die übrigens von der Hardware nahezu identisch mit dem 8S von Massey Ferguson ist, auf den Rollenprüfstand gespannt. Beim Powermix werden unterschiedlichste Arbeiten simuliert und in zwölf Feldzyklen abgearbeitet. Dabei wird der Motor in den Zyklen auf unterschiedlichste Weise belastet. So werden neben der Zugkraft über die Räder, auch die Zapfwellen- und Hydraulikleistung zeitgleich abgenommen.
Sollte es Unterschiede in der Leistungsentfaltung geben, decken die praxistauglichen Zyklen diesen in jedem Fall auf. Und siehe da: Bei allen zwölf Zyklen ist der HVO-Verbrauch geringer als beim Diesel — in kg/h wohlgemerkt. Diese „Überraschung“ ist wenig überraschend, weil HVO massenbezogen einen höheren Energiegehalt hat. Der Minderverbrauch liegt im Bereich von 3 bis 4 %.
Denn um die Verwirrung perfekt zu machen: In l/h ist der Verbrauch mit HVO etwa 3 % höher als beim Diesel. Alleine die Dichte und der Energiegehalt der Kraftstoffe bewirken diesen Verbrauchsunterschied: HVO hat einen Energiegehalt von 44 MJ/kg, umgerechnet 12,2 kWh/kg bzw. 9,6 kWh/l. Im Vergleich dazu kommt Diesel bei 43 MJ/kg auf „nur“ 11,9 kWh/kg aber auf 9,9 kWh/l.
In der landwirtschaftlichen Praxis wird nach wie vor der Verbrauch in l/h von Bedeutung sein, sofern der Mineralölhändler auch weiterhin nach dem Volumen und nicht nach Gewicht abrechnet. Bei den aktuellen HVO-Preisen von etwa 15 bis 20 Cent über dem aktuellen Dieselpreis ist der volumetrische Mehrverbrauch beim HVO also in jedem Fall noch zusätzlich zu berücksichtigen.
Mehr Wirkungsgrad
Wenn auch klein, aber dennoch eindeutig ist der Einfluss des HVO-Betriebs auf den Wirkungsgrad des Motors. Laut den DLG-Powermixmessungen erhöht sich der Wirkungsgrad in Abhängigkeit vom spezifischen Kraftstoffverbrauch um bis zu 1 % im Vergleich zum Dieselbrennstoff. Experten verweisen hier auf die höhere Cetan-Zahl von HVO. Die Flammfront im Brennraum erfolgt schneller, das Gemisch verbrennt heißer und dadurch steigt der Wirkungsgrad. Eine ähnliche Wirkungsweise haben sogenannte Premium-Kraftstoffe, wie z. B. Shell V-Power.
Valtra erarbeitet gerade eine Langzeitstudie mit mehreren Schleppern in Finnland. Bei niedrigsten Temperaturen kann der Kraftstoff seine Stärken demnach voll ausspielen. Vor allem Kommunen und Speditionen, deren Auftraggeber einen CO2-armen Transport fordern, setzen bereits auf HVO.
Sie können HVO problemlos tanken, wenn es sich für ihren Betrieb lohnt. Auch wenn der Verbrauch unterm Strich 3 % höher ist, der Wirkungsgrad des Motors steigt mit HVO minimal an. Der Mehrverbrauch basiert auf der geringeren Dichte von HVO im Vergleich zum Diesel. Der bessere Wirkungsgrad resultiert aus der höheren Cetanzahl. Die Messungen der DLG beweisen keinen Leistungsverlust. Physikalisch gibt es demnach keine Bedenken für die HVO-Betankung.