Zukunft des Pflanzenschutzes: Jetzt mit Veränderungen starten
Die Halbierung der Pflanzenschutzmittelmenge bei gleichzeitig abnehmender Wirkstoffverfügbarkeit sorgt für große Herausforderungen. Detlev Dölger von der Agrarberatung Hanse-Agro wirft einen Blick auf die Zukunft des Pflanzenbaus.
Lassen wir zunächst zum besseren Verständnis die letzten 60 Jahre des Pflanzenbaus Revue passieren. So gab es schon vor Beginn der Zulassungspflicht im Jahr 1968 einige Pflanzenschutzmittel. Angefangen bei Herbiziden wie 2,4-D oder MCPA über Beizen mit Quecksilber oder Thiocarbamaten bis hin zu Fungiziden wie Captan oder Insektiziden wie Arsen.
Tatsächlich wurden Fungizide und Insektizide seinerzeit aber lediglich auf 2 bzw. 5 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche eingesetzt. Selbst Herbizide kamen Mitte der 60er Jahre in Deutschland nur auf etwa
20 % der Anbaufläche zu Einsatz.
Gleichzeitig war die Düngung damals mit der Verwendung von organischen Düngern wie Mist und Gülle sowie Mineraldüngern wie Kalimagnesia oder Hütten- und Konverterkalken aufgrund der zahlreichen Nebenbestandteile und Mikronährstoffe sehr ausgewogen. Ergänzt durch die weiten Fruchtfolgen mit Sommer- und Winterkulturen sowie der Bodenbearbeitung mit Pflug und Schälpflug wurden Wurzelunkräuter wirksam bekämpft und die Bodenhygiene verbessert.
Die Einführung des Wachstumsreglers CCC erlaubte dann erstmals eine erhöhte N-Düngung, die zwangsläufig zu mehr Krankheiten führte. Parallel kam es in den 70er und 80er Jahren zu einer explosionsartigen...
Lassen wir zunächst zum besseren Verständnis die letzten 60 Jahre des Pflanzenbaus Revue passieren. So gab es schon vor Beginn der Zulassungspflicht im Jahr 1968 einige Pflanzenschutzmittel. Angefangen bei Herbiziden wie 2,4-D oder MCPA über Beizen mit Quecksilber oder Thiocarbamaten bis hin zu Fungiziden wie Captan oder Insektiziden wie Arsen.
Tatsächlich wurden Fungizide und Insektizide seinerzeit aber lediglich auf 2 bzw. 5 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche eingesetzt. Selbst Herbizide kamen Mitte der 60er Jahre in Deutschland nur auf etwa
20 % der Anbaufläche zu Einsatz.
Gleichzeitig war die Düngung damals mit der Verwendung von organischen Düngern wie Mist und Gülle sowie Mineraldüngern wie Kalimagnesia oder Hütten- und Konverterkalken aufgrund der zahlreichen Nebenbestandteile und Mikronährstoffe sehr ausgewogen. Ergänzt durch die weiten Fruchtfolgen mit Sommer- und Winterkulturen sowie der Bodenbearbeitung mit Pflug und Schälpflug wurden Wurzelunkräuter wirksam bekämpft und die Bodenhygiene verbessert.
Die Einführung des Wachstumsreglers CCC erlaubte dann erstmals eine erhöhte N-Düngung, die zwangsläufig zu mehr Krankheiten führte. Parallel kam es in den 70er und 80er Jahren zu einer explosionsartigen Zunahme an Wirkstoffen, insbesondere bei Gräserherbiziden und Fungiziden. Das sorgte für eine Einengung der Fruchtfolgen zugunsten der ökonomischeren Winterkulturen. Außerdem war es möglich, die Intensität der Bodenbearbeitung zu reduzieren und die Saatzeiten zu verfrühen. Gepaart mit dem Einsatz reiner (N-)Dünger und einer reduzierten Grundnährstoffdüngung stieg der Krankheits-, Schädlings- und Unkrautdruck.
Nach einer mehr als 40-jährigen Intensivierung der Produktion wird eine zunehmende Resistenzen-Bildung gegen Herbizide (Ackerfuchsschwanz, Windhalm etc.), Fungizide (Septoria, Mehltau etc.) und Insektizide (Rapsglanzkäfer, Rüsslerarten etc.) beobachtet. Und das bei gleichzeitig abnehmender Wirkstoff-Verfügbarkeit.
Doch nicht nur fehlende Pflanzenschutzmittel bringen neue Herausforderungen für den Pflanzenbau. Auch der Klimawandel mit höheren Durchschnittstemperaturen sowie ausgeprägteren Frühjahrs-/Frühsommer-Trockenheiten trägt seinen Teil zum dringend erforderlichen Umdenken im Pflanzenbau bei. Ein großer Hebel in diesem Prozess ist die Fruchtfolge-Erweiterung, wie sie erste Betriebe bereits vor zehn Jahren begonnen haben. Es werden wieder Leguminosen und Sommergetreide eingegliedert oder auch Pflanzen wie Soja oder Sonnenblumen neu aufgenommen. Aufgrund der oft fehlenden Erfahrung mit diesen Früchten ist die Umstellung allerdings nicht ohne Risiko. Schließlich steigen die Anforderungen an das Know-how bei sinkender Düngeintensität, reduziertem chemischen Pflanzenschutz und geänderter Bodenbearbeitung noch weiter.
So muss sich der Pflanzenbauer von morgen neben neuen Hauptfrüchten auch mit dem Anbau von (neuen) Zwischenfrüchten sowie Begleitsaaten und Biostimulanzien beschäftigen. Mit der richtigen Bestandsarchitektur sind schließlich teils deutliche Reduktionen beim Pflanzenschutz möglich. Das gilt auch für viele Entwicklungen beim Smart Farming mit Teilflächenbehandlungen. So lassen sich Produktionsmittel umverteilen, um optimale Ergebnisse zu erreichen.
Bleibt allerdings die bange Frage, ob jetzt innerhalb kurzer Zeit alles das funktioniert, was die letzten 20 Jahre noch nicht funktionierte. In jedem Fall bringt die Digitalisierung aber einen gewaltigen Erkenntnisgewinn — egal ob bei der verbesserten Identifizierung von Unkräutern, Krankheiten und Schädlingen (Stichwort: Digitale Gelbschale) oder der Weiterentwicklung der Robotik. Gleichzeitig wird dadurch aber zweifelsohne „analoges“ Know-how im Pflanzenbau „vernichtet“ und die Abhängigkeit von großen Playern, die die entsprechende Technik anbieten, steigt.
Andere Ansätze bietet die regenerative Landwirtschaft. Hier versucht man, Nährstoffgleichgewichte wieder herzustellen und mit Dingen wie Kompost-Tee und Fermentation das Bodenleben positiv zu beeinflussen und die Bestände zu vitalisieren. Auch hier ist eine ideologie-befreite Betrachtung gefordert!
Individuell reagieren
Mit dem Rückgang der Mittelverfügbarkeit sowie dem Beschluss, die Pflanzenschutzmittelmenge bis 2030 um 50 % zu reduzieren kommen große Herausforderungen auf die Betriebe zu. Umso wichtiger ist eine genaue Analyse jedes einzelnen Betriebsleiters, wie er die Dinge angehen will.
Während für die einen eine komplette Neuausrichtung auf Biolandwirtschaft oder regenerativen Ackerbau die Lösung ist, entwickeln andere Betriebe Düngung und Pflanzenschutz weiter, gestalten die Fruchtfolgen neu und stellen die Bodenbearbeitung um. Sicher kann auch die Robotik hier künftig eine Stütze sein. Es bleibt aber zu klären, wer die Technik auch nachts um 3 Uhr wieder instand setzt, wenn es Probleme gibt.